FAQ

1. Warum soll eine Rotwildkonzeption für den Nordschwarzwald entwickelt werden?

Rotwild sorgt im Rotwildgebiet Nordschwarzwald immer wieder für Konflikte, da sich verschiedene gesellschaftliche und persönliche Ziele und Wertvorstellungen gegenüberstehen, z. B. hinsichtlich Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Jagd, Tourismus, Erholungsnutzung sowie Natur- und Tierschutz. Im Projekt Rotwildkonzeption Nordschwarzwald soll auf Basis wissenschaftlicher Grundlagen eine gemeinsame Lösung für diese Herausforderungen gefunden werden.

1.1 Wie soll eine Rotwildkonzeption Nordschwarzwald entwickelt werden?

Die Flächen im Rotwildgebiet sollen verschiedenen Bereichen zugeordnet werden. In diesen gelten für die Bewirtschaftung und den Umgang mit dem Rotwild verschiedene Handlungsempfehlungen. Diese helfen dabei die Ziele von Forstwirtschaft, Jagd, Tourismus und Naturschutz sowie die Wildbiologie des Rotwilds besser zu berücksichtigen und zu vereinbaren und flächenübergreifend abzustimmen.

1.2 Wer soll eine Rotwildkonzeption Nordschwarzwald entwickeln und wer trifft die Entscheidungen?

Die Rotwildkonzeption Nordschwarzwald soll durch regionale Planungen entwickelt werden, in welchen die Menschen vor Ort selbst entscheiden können, ob sie mitwirken möchten und wenn ja, welche Flächen welchen Bereichen zugeordnet werden sollen. Anfangs werden Gespräche mit den Vertreterinnen und Vertretern des Grundeigentums vor Ort geführt, wie z. B. Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, Privatwaldbesitzenden, Leitungen von Forstbetriebsgemeinschaften oder Forstrevierleitenden im Staats-, Kommunal- und Privatwald. Dabei soll abgestimmt werden, ob Interesse daran besteht, für die eigenen Flächen eine Planung zu erstellen. Außerdem soll das Vorgehen im Detail vorgestellt und die Möglichkeit zur Diskussion von möglichen Vorteilen und Einschränkungen sowie für Rückfragen und Bedenken gegeben werden.

Empfehlenswert ist im Folgenden auch das Einbeziehen von Gemeinderatsmitgliedern, Liegenschaftsverwaltung, Tourismusämtern sowie Jagdpächterinnen und Jagdpächtern – abhängig von den jeweils bestehenden Zuständigkeiten. Bei mehreren folgenden Abstimmungstreffen kann dann gemeinsam ein Entwurf für eine mögliche Zonierung der Fläche entwickelt werden. Nach Wunsch können die Personen vor Ort selbst Vorschläge für eine Zonierung entwickeln oder die FVA kann einen Vorschlag erarbeiten und vorstellen. Die FVA wird jedoch keine Entscheidung über eine Zonierung treffen, sondern koordiniert und moderiert lediglich den Prozess und stellt Informationen zu den möglichen Bereichen sowie wissenschaftlichen Grundlagen zur Verfügung.

1.3 Wird eine Rotwildkonzeption Nordschwarzwald freiwillig oder verpflichtend sein?

Die Mitwirkung sowohl am Planungsprozess als auch bei einer späteren Rotwildkonzeption ist freiwillig. Die Umsetzung erfolgt im Rahmen einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Es besteht zu jedem Zeitpunkt die Möglichkeit die Konzeption wieder zu verlassen. Bei Interesse können verbindliche Regelungen getroffen werden, z. B. durch eine Ausweisung von Wildruhebereichen als Wildruhegebiete nach Jagd- und Wildtiermanagementgesetz oder durch eine Änderung von Jagdpachtverträgen nach Ablauf von Jagdpachtperioden. Dies liegt jedoch im Ermessen der beteiligten Personen.

1.4 Woher kommen die Planungsgrundlagen für eine Rotwildkonzeption Nordschwarzwald?

Die Grundlagen für die Planung, also die Aufteilung der Fläche in verschiedene Bereiche und die dortigen Handlungsempfehlungen für den zukünftigen Umgang mit Rotwild, wurden in fünf Arbeitsgruppen entwickelt. Je eine Gruppe widmete sich den Themen Waldwirtschaft, Jagd, Naturschutz, Walderlebnis sowie Kommunikation und Organisation im Rotwildgebiet Nordschwarzwald. Diese Gruppen wurden bei zwei offenen Veranstaltungen zu Beginn des Projekts gebildet und standen allen interessierten Menschen aus dem Rotwildgebiet Nordschwarzwald offen.

1.5 Wer hat die Planungsgrundlagen für eine Rotwildkonzeption Nordschwarzwald erarbeitet und wie wurden diese kommuniziert?

In den Arbeitsgruppen wirkten Menschen aus dem gesamten Rotwildgebiet mit, darunter auch Personen aus verschiedenen Interessengruppen wie Vertreterinnen und Vertreter des kommunalen und privaten Waldbesitzes, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unteren Forstbehörden (z. B. Forstrevierleitende), Jagdpächterinnen und Jagdpächter, Vertreterinnen und Vertreter von Liegenschaftsverwaltungen und Tourismusbehörden sowie Mitarbeitende der Nationalparkverwaltung. Die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter der FVA agierten als Moderatorinnen und Moderatoren, trugen die Ideen der Gruppen zusammen und vermittelten die Informationen zwischen den Gruppen zur Abstimmung. Die Ergebnisse wurden über den Newsletter des Projekts Rotwildkonzeption Nordschwarzwald sowie auf der Internetseite www.rotwildkonzeption-nordschwarzwald.de veröffentlicht und bei mehreren lokalen Veranstaltungen vorgestellt.

2. Welchen Bereichen kann bei einer Rotwildkonzeption Nordschwarzwald die Fläche zugeordnet werden?

Bei der Planung können die Flächen vier verschiedenen Bereichen zugeordnet werden, in welchen unterschiedliche Zielsetzungen und Maßnahmen möglich sind: Verbreitungsgebiet, Hauptverbreitungsgebiet, Wildruhebereich und Walderlebnisbereich.

2.1 Was ist ein Verbreitungsgebiet?

Im Verbreitungsgebiet ist Rotwild Standortfaktor und kann flächig dauerhaft (als „Standwild“) oder temporär (als „Wechselwild“) vorkommen, allerdings in geringeren Dichten gegenüber dem Hauptverbreitungsgebiet und den Wildruhebereichen (s. u.). Zudem soll der Rotwildbestand so reguliert werden, dass die Anforderungen von Waldwirtschaft, Jagd und Naturschutz erfüllt werden.

2.1.1 Jagd im Verbreitungsgebiet

Rotwild sollte im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten und nach Abschussplan bejagt werden. In Bereichen, in denen bisher wenig oder gar kein Rotwild vorkommt, kann unter Berücksichtigung der waldbaulichen Ziele auf den Abschuss von einwechselndem Rotwild verzichtet werden. Es sollen keine Rotwildfütterungen eingerichtet werden.

2.1.2 Waldwirtschaft im Verbreitungsgebiet

Wildtiere sind Standortfaktor in der waldbaulichen Zielsetzung; Holzproduktion und -nutzung stehen aber im Vordergrund. Die waldbauliche Zielsetzung darf nicht durch Rotwild gefährdet werden. Die Bewertung von Wildschäden orientiert sich an den Produktionszielen. Wichtig ist die Erreichbarkeit der waldbaulichen Zielsetzungen im Forstlichen Gutachten. Hinsichtlich des Verbisses junger Bäume durch Rotwild ist besonders die flächige Erreichbarkeit der waldbaulichen Zielsetzung bei der Tanne wichtig, die im Forstlichen Gutachten erfasst wird. Zudem dürfen durch das Schälen der Rinde von Bäumen durch Rotwild die waldbaulichen Ziele nicht gefährdet werden. Bei aktuellem Vorkommen von Rotwild kann das Schätzverfahren zum Monitoring der Schäle der FVA angewendet werden.

2.1.3 Naturschutz im Verbreitungsgebiet

Rotwild ist Teil der ökologischen Vielfalt und kann (in einer den jeweiligen Naturschutzzielen angepassten Dichte) flächig vorkommen können.

2.2 Was ist ein Hauptverbreitungsgebiet?

Im Hauptverbreitungsgebiet ist Rotwild ein wichtiger Standortfaktor, Leitwildart und kommt dauerhaft vor (als „Standwild“). Im Hauptverbreitungsgebiet erfolgt die Dichteregulation der Population. Der Rotwildbestand sollte so reguliert werden, dass die Anforderungen von Waldwirtschaft, Jagd und Naturschutz erfüllt werden. Auf das Ruhebedürfnis der Wildtiere sollte Rücksicht genommen werden.

2.2.1 Jagd im Hauptverbreitungsgebiet

Die Jagdpraxis sollte revierübergreifend abgestimmt werden. Während notwendiger Reduktionsphasen ist die Januarjagd als Mittel zur effektiven Reduktion des Rotwildbestandes gegebenenfalls notwendig. Ziel sollte es sein, der Biologie des Rotwilds entsprechend zu jagen, d. h. langfristig auf die Januarjagd zu verzichten, sofern die anderen Ziele der Rotwildkonzeption (z. B. hinsichtlich Wildschäden und Wildbestand) erreicht sind. Im Januar sollten im Hauptverbreitungsgebiet keine Bewegungsjagden mehr stattfinden. Ansonsten sind alle Jagdarten möglich, die Jagd sollte jedoch möglichst großflächig und störungsarm erfolgen – sofern möglich, z. B. als Bewegungsjagd oder Intervalljagd. Auf die gezielte Kirrung von Wildschweinen sollte verzichtet und allgemein nicht mit Mais gekirrt werden. Ein nachhaltiger Abschuss von mindestens 1 Stück Rotwild pro 100 ha und alten Hirschen sollte gewährleistet sein. Fütterungen können in Abhängigkeit der wissenschaftlichen Ergebnisse und im Rahmen einer Fütterungskonzeption eingerichtet werden. Es sollte aber nach Möglichkeit darauf verzichtet werden.

2.2.2 Waldwirtschaft im Hauptverbreitungsgebiet

Die Ansprüche des Rotwilds an seinen Lebensraum sollten durch die Waldbesitzenden berücksichtigt werden. Die Holzproduktion und -nutzung kann durch Rotwild lokal beeinflusst werden. Zusätzlich zu den waldbaulichen Zielen sollten die Waldbesitzenden nach Möglichkeit Lebensraumverbesserungen für das Rotwild durchführen.

Die Bewertung von Wildschäden orientiert sich an den Produktionszielen, welche für jeden Waldbestand gesondert definiert werden sollten. Die natürliche Verjüngung des Bergmischwalds sollte auf mindestens 80% der Fläche funktionieren.

Durch den Verbiss junger Bäume durch Rotwild dürfen die waldbaulichen Ziele nicht flächig gefährdet werden, Indikatorart ist dabei die Tanne im Forstlichen Gutachten. Zudem dürfen durch das Schälen der Rinde von Bäumen durch Rotwild die waldbaulichen Ziele nicht gefährdet werden. Es kann das Schätzverfahren zum Monitoring der Schäle der FVA angewendet werden.

2.2.4 Walderlebnis im Hauptverbreitungsgebiet

Nachtaktivitäten sollten nicht erlaubt sein. Das Hauptverbreitungsgebiet sollte auch Informationsbereich sein, daher ist die Kommunikation über die Vorgaben z. B. über Infotafeln sinnvoll. Die Information sollte auch die Auswirkungen von Störungen auf Wildtiere beinhalten und ein Bewusstsein schaffen, damit die Waldnutzenden nach Möglichkeit auf den Wegen bleiben und Hunde an der Leine führen. Die Information und Kommunikation sollte einheitlich über den Nordschwarzwald erfolgen. Im Hauptverbreitungsgebiet liegt der Fokus auf Individualangeboten. Touristische Angebote wie Lehrpfade oder Großveranstaltungen, die von einer großen Zahl an Menschen besucht werden, sollten vermieden werden. Die Entwicklung von neuen touristischen Angeboten sollte sich an jenen orientieren, die bereits vorhanden sind. Bei Neuentwicklungen im Hauptverbreitungsgebiet sollten entsprechend bisherige Angebote auf der gleichen Fläche reduziert werden.

2.3 Was ist ein Wildruhebereich?

Im Wildruhebereich steht das Ruhebedürfnis des Rotwilds im Vordergrund. Die menschliche Nutzung sollte ganzjährig minimiert werden, nach Möglichkeit sollten die Wildruhebereiche nicht betreten werden dürfen. Wildruhebereiche sollen auch anderen Wildtierarten zugutekommen, wobei Rotwild die Fokusart ist. Eine Ausweisung sollte nur in aktuell geeigneten oder entwickelbaren Lebensräumen mit ausreichendem Nahrungsangebot und Deckung erfolgen. Sinnvoll sind z. B. teilweise Freiflächen, das Vorhandensein von Wasser und ein geringes oder nicht vorhandenes Wegenetz. Verschiedene Höhenlagen sollten einbezogen werden, so sind auch Tieflagen für die Überwinterung des Rotwilds wichtig. Eine Größe von 50 ha sollte angestrebt werden, 30 ha sollten nicht unterschritten werden. Eine Empfehlung für die Größe bzw. den Mindestdurchmesser wird durch Auswertung der im Rahmen des Projekts Rotwildkonzeption Nordschwarzwald gesammelten Daten des besenderten Rotwilds noch genauer definiert. Optimal wäre eine Verteilung über die gesamte Fläche des Rotwildgebiets. Empfehlenswert ist dabei zwischen den einzelnen Zonen einen gewissen Mindest- und Maximalabstand nicht zu über- bzw. zu unterschreiten. Die Abstände werden durch Auswertung der Telemetriedaten noch festgelegt. Die Wildruhebereiche sollten verteilt als Inseln in den anderen Bereichen liegen. Möglich ist auch eine Ausweisung von Wildruhebereichen als Wildruhegebiete nach Jagd- und Wildtiermanagementgesetz. Aufklärung und Information sind wichtig für die Bewusstseinsbildung.

 

2.3.1 Jagd im Wildruhebereich

In und um Wildruhebereiche sollte die Beunruhigung durch die Jagd so gering wie möglich gehalten werden. Generell herrscht Jagdruhe, jagdliche Aktivitäten zur Kontrolle der Rotwildpopulation sollten sich auf maximal drei Tage zwischen 15. Oktober und 15. Dezember beschränken und in Form von Drückjagden oder Gruppenansitzen durchgeführt werden. Es sollten keine Fütterungen eingerichtet und nicht gekirrt werden. Die Jagdeinrichtungen sollten auf die Jagdarten ausgerichtet sein.

2.3.2 Waldwirtschaft im Wildruhebereich

Das Ruhebedürfnis des Rotwilds sollte bei der Waldbewirtschaftung im Vordergrund stehen, dies kann zu Mindererträgen für den Waldbesitzenden auf den Flächen des Wildruhebereichs führen. Es wird angestrebt den Minderertrag über finanzielle Förderungsmöglichkeiten auszugleichen. Die Waldbewirtschaftung sollte auf die Schaffung von Lebensraumbedingungen für Wildtiere ausgerichtet werden und die Eignung des Wildruhebereichs möglichst wenig beeinflussen. Dies kann durch angepasste Produktionsziele festgelegt werden, z. B. in Form von Freiflächen für lichte Wälder mit einer durchgehenden Vegetationsdecke. Eingriffe sollten zeitlich minimiert und störungsarm durchgeführt werden. Pro Waldbestand sollte ein Eingriff maximal einmal pro Jahrzehnt erfolgen. Eine geringe Erschließung mit Fahr- und Maschinenwegen ist empfehlenswert, ggf. sollten Wege nach Möglichkeit so rückgebaut oder verändert werden, dass die Attraktivität aus touristischer Sicht möglichst gering ist. Denkbar ist eine Verbauung mit Reisig oder Wege so zu verändern, dass diese nicht im 90°-Winkel vom Hauptweg abgehen, um die Sichttiefe in den Bestand zu verringern. Die Produktionsziele sollten differenziert für die einzelnen Wildruhebereiche festgelegt werden. Die Bewertung von Wildschäden orientiert sich an den Produktionszielen, wobei der Faktor Rotwild in die Produktionsziele mit aufgenommen werden sollte. Eine Entmischung von Baumarten, z. B. der Tanne, sollte toleriert werden. Wildruhebereiche sollten in andere Flächenkonzepte integriert werden, wie z. B. Bereiche der Schon- oder Bannwälder, der Waldrefugien oder des Aktionsplans Auerhuhn.

2.3.3 Naturschutz im Wildruhebereich

Rotwild beeinflusst die Natur in den Wildruhebereichen (als „Habitatbildner“) und kann, zusammen mit anderen Wildtierarten, auch für eine Vernetzung der Wildruhebereiche durch Bewegungen zwischen diesen sorgen. Es besteht keine festgelegte Mindesthöhe für Heidelbeeren und keine festgeschriebene Baumartenvielfalt. Die Vorgaben nach FFH und Vogelschutz-Richtlinie müssen beachtet werden (sog. Verschlechterungsverbot), Anhang IV Arten dürfen nicht negativ durch das Rotwild beeinträchtigt werden. Entwicklungsziel und Kriterien für Wildruhebereiche sollten klar definiert werden. Es wird eine monetäre Anrechnung der Flächen über das Ökokonto angestrebt.

2.3.4 Walderlebnis im Wildruhebereich

Durch ein ganzjähriges Betretungsverbot ist in Wildruhebereichen kein Walderlebnis möglich. Die Beobachtung von Rotwild in Wildruhebereichen aus der Ferne kann möglich sein, z. B. über die Beobachtung vom Gegenhang. Vorhandene Wege sollten eventuell zurückgebaut oder verbaut werden. Durch die gleichzeitige Attraktivitätssteigerung „gewünschter“ Wege kann der vorhandene touristische Druck auf die Wildruhebereiche reduziert oder aufgehoben werden. Wenn ein Störeinfluss vorhanden ist, ist in gewissen Bereichen eine Beschilderung oder Absperrung sinnvoll. Die Abgrenzung von Wildruhebereichen sollte in Karte, Apps, usw. dargestellt und bekannt gemacht werden.

2.4 Was ist ein Walderlebnisbereich?

Walderlebnisbereiche sind vorrangig auf Tourismus und Erholungsnutzung ausgerichtet. Pädagogische Elemente mit Wildtierbezug werden verstärkt in touristische Angebote aufgenommen. Ein Mindestabstand zu Wildruhebereichen sollte eingehalten werden. Es gibt keine Mindestgröße, aber die Fläche der Erlebnisbereiche sollte in der Summe die der Wildruhebereiche nicht überschreiten. Walderlebnisbereiche und Wildruhezonen sollen Grundlagen für Planungsprozesse sein und neue touristische Angebote werden daran ausgerichtet. Als eine mögliche Grundlage für die Ausweisung dient die Erholungswaldkartierung.

2.4.1 Jagd im Walderlebnisbereich

Es sollten keine Fütterungen eingerichtet werden.

2.4.2 Waldwirtschaft im Walderlebnisbereich

Die Waldbewirtschaftung sollte sich an den Zielen der Erholungswaldfunktion orientieren.

2.4.3 Naturschutz im Walderlebnisbereich

Lebensstätten seltener Arten sollten durch die Ausweisung als Walderlebnisbereich nicht gefährdet werden.

2.4.4 Walderlebnis im Walderlebnisbereich

Nach Möglichkeit sollten vorhandene Infrastruktur und bestehende „touristische Hotspots“ genutzt werden, wie in der Nähe von Ortschaften oder von Plätzen mit guter Erreichbarkeit (Parkplätze, ÖPNV). Walderlebnisbereiche sollten aus touristischer Sicht attraktiv sein (Aussichtspunkt, See, Gipfel, Gastronomie, Skilifte, usw.). Ausgewiesene Loipen, Schneeschuh-Trails, Mountainbike-Strecken, Wanderwege, usw. können auch außerhalb der Walderlebnisbereiche liegen. Großveranstaltungen sind möglich (auch nachts, wie eine 24-Stunden-Wanderung), es sollten aber Rahmenbedingungen berücksichtigt werden, z. B. sollten Start- und Zielbereich im Walderlebnisbereich liegen. Die Streckenführung sollte so erfolgen, dass nachts keine Freizeitaktivitäten in den Hauptverbreitungsgebieten stattfinden. Rotwildbeobachtungsbereiche sind dort sinnvoll, wo eine ausreichend hohe Rotwilddichte vorhanden ist. Das Wild steht dann z. B. in Wildruhebereichen und kann von außen, z. B. vom Gegenhang, beobachtet werden.

3. Welche Vorteile bieten sich aus forstwirtschaftlicher Sicht? Welche Herausforderungen können auftreten?

3.1 Vorteile

Durch eine besser koordinierte und teilweise gebietsübergreifende Bejagung kann die Rotwildpopulation effektiver kontrolliert und können Wildschäden besser vermieden werden. Aktuell werden auf vielen Flächen waldbauliche Ziele nicht erreicht, z. B. die natürliche Verjüngung des Bergmischwaldes. Durch die klar festgelegten waldbaulichen Zielsetzungen im Verbreitungsgebiet und im Hauptverbreitungsgebiet können eindeutigere Vereinbarungen zwischen den beteiligten Personen getroffen werden. Zudem ermöglicht die Zonierung eine Priorisierung forstwirtschaftlich bedeutender Bestände, so dass betriebliche Zielsetzungen besser berücksichtigt werden können. Die räumliche Zonierung soll zudem langfristig für eine räumlich veränderte Verteilung des Rotwilds sorgen, so dass in schadensanfälligen Bereichen keine Konzentrationen entstehen. Die Einrichtung von Wildruhebereichen und ein besseres Nahrungsangebot für Rotwild, eventuell auch durch Maßnahmen zur Lebensraumverbesserung im Rahmen der Waldbewirtschaftung, können dafür sorgen, dass das Rotwild mehr Ruhe und Nahrung hat. Infolgedessen können die Wildschäden im Wirtschaftswald zurückgehen.

3.2 Herausforderungen

Auf Flächen, die als Wildruhebereich ausgewiesen werden, können forstwirtschaftliche Einbußen auftreten, da Rotwild hier ungestörter und konzentrierter aktiv sein kann. Sollten Lebensraumverbesserungsmaßnahmen im Rahmen der Waldbewirtschaftung durchgeführt werden, kann dies zudem einen gewissen Mehraufwand bei der Bewirtschaftung bedeuten.

4. Welche Vorteile bieten sich aus jagdlicher Sicht? Welche Herausforderungen können auftreten?

4.1 Vorteile

Durch die großräumige und revierübergreifende Zonierung kann eine klare jagdliche Zielsetzung erfolgen. Diese kann auch in Jagdpachtverträgen festgehalten werden, was zu einem verringerten Konfliktpotential zwischen Jagdrechtsinhabenden und Jagdausübenden führen kann. Durch die Nutzung von Wildruhebereichen für wenige räumlich konzentrierte Jagden können jagdliche Ziele leichter erreicht und der Rotwildbestand effektiver reguliert werden. Durch mehr Ruhe ist das Rotwild weniger scheu und weitet seine Aktionsräume aus, z. B. durch Bewegungen zwischen den verschiedenen Wildruhebereichen. Dadurch wird das Rotwild möglicherweise häufiger sichtbar und erlebbar und kann auch besser bejagt werden, wodurch das Jagderlebnis ebenfalls gesteigert werden kann. Eine gleichmäßigere Verteilung des Rotwilds kann zudem den Jagdwert erhöhen. Unter Berücksichtigung waldbaulicher Ziele und in Abstimmung mit den beteiligten Personen im Verbreitungsgebiet besteht auch die Chance, dass Rotwild die Möglichkeit hat auf Flächen aufzutreten, auf denen bisher kein Rotwild vorkommt.

4.2 Herausforderungen

Durch Wildruhebereiche wird die jagdlich nutzbare Fläche möglicherweise verkleinert. In den Wildruhebereichen sollten jagdliche Einrichtungen abgebaut werden. Im Hauptverbreitungsgebiet sollte keine Kirrjagd mehr auf Wildschweine erfolgen. Insbesondere im Hauptverbreitungsgebiet sollten die die Jagdzeiten besser an die Biologie des Rotwilds angepasst werden, so dass langfristig auf die Januarjagd verzichtet werden sollte (unter Berücksichtigung der Ziele hinsichtlich Wildschäden und Wildbestand).

5 Welche Vorteile bieten sich aus touristischer Sicht? Welche Herausforderungen können auftreten?

5.1 Vorteile

Durch effizientere Bejagung, bessere Lenkung von Waldbesuchenden und die Einrichtung von Wildruhebereichen besteht die Möglichkeit, dass Rotwild weniger gestört und damit tagaktiver wird. Dadurch erhöht sich die Chance, das Rotwild punktuell für Erholungssuchende erlebbar zu machen. Hierfür können auch Beobachtungsstationen eingerichtet werden. Insgesamt erhöhen sich die Chancen eine attraktive Wildtierart in touristische Konzepte (Wildtiererlebnisangebote, Werbung) einzubinden. Die Rotwildkonzeption kann zudem als Planungsgrundlage für touristische Maßnahmen dienen. Ausgewiesene Walderlebnisbereiche können helfen, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu vereinfachen, da touristische Entwicklung gelenkt und konzentriert werden kann. Ebenso können Walderlebnisbereiche und Verbreitungsgebiete dazu dienen, touristische Veranstaltungen in größerem Ausmaß durchzuführen (Nachtaktivitäten wie 24-Stunden-Wanderungen). Gleichzeitig werden Konflikte zwischen Tourismus bzw. Erholungsnutzung und anderen Zielsetzungen (Jagd, Wildruhe) minimiert, da eine gemeinsam vereinbarte und flächengenauere Planung als Grundlage dient. Schließlich können auch Waldbesuchende ggf. besser gelenkt werden.

5.2 Herausforderungen

In den Hauptverbreitungsgebieten sollte eine beschränkte und in den Wildruhebereichen keine touristische Nutzung stattfinden.

6. Welche Vorteile bieten sich für Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit? Welche Herausforderungen können auftreten?

6.1 Vorteile

Eine Beteiligung an der Rotwildkonzeption Nordschwarzwald bietet die Chance, die Bewirtschaftung und den Umgang mit Rotwild flächenübergreifend abzustimmen und dauerhaft eine bessere Kommunikation zwischen den Beteiligten zu etablieren. Dies betrifft sowohl die verschiedenen Personen, die auf derselben Fläche aktiv sind (z. B. Waldbesitzende, Jagdausübende und Tourismusvertretung) als auch Nachbarinnen und Nachbarn (z. B. kommunaler und privater Waldbesitz, benachbarte Jagdpächterinnen und Jagdpächter). Das einheitliche Konzept kann dabei helfen, die Kommunikation zu erleichtern und den Umgang mit Rotwild sowie eigene Ziele gemeinsam in einer möglichen zukünftigen Organisation (z. B. einer neuen Hegegemeinschaft) besser abzustimmen. Eine Vorreiterrolle bei der Erarbeitung der Rotwildkonzeption lässt sich zudem öffentlichkeitswirksam positiv herausstellen und kann dazu verwendet werden die Region touristisch noch attraktiver zu machen.

6.2 Herausforderungen

Möglicherweise besteht bei der Beteiligung an einer Rotwildkonzeption Nordschwarzwald in Zukunft ein höherer Abstimmungsbedarf mit anderen Personen sowie Nachbarinnen und Nachbarn.

7. Welche Vorteile bieten sich aus naturschutzfachlicher Sicht? Welche Herausforderungen können auftreten?

7.1 Vorteile

Rotwild kann lokal seine Funktion als Habitatbildner ausüben, das bedeutet, dass die Tiere insbesondere in den Wildruhebereichen die Natur beeinflussen und für gewünschte positive Störungen sorgen können. Die Verbindung verschiedener naturschutzfachlicher Flächen- und Bewirtschaftungskonzepte (wie der Wildruhebereiche mit dem Alt- und Totholzkonzept, Bannwäldern, FFH-Flächen und Auerhuhnhabitaten), bietet die Chance mehrere naturschutzfachliche Ziele auf der gleichen Fläche zu verbinden und gleichzeitig die Bewirtschaftung im Sinne dieser Ziele besser abzustimmen und damit auch zu vereinfachen.

7.2 Herausforderungen

Die Vorgaben nach FFH und Vogelschutz-Richtlinie müssen beachtet werden (sog. Verschlechterungsverbot), Anhang IV Arten dürfen nicht negativ durch das Rotwild beeinträchtigt werden.

8. Welche Vorteile bieten sich aus wildbiologischer Sicht? Welche Herausforderungen können auftreten?

8.1 Vorteile

Die Wildbiologie des Rotwilds kann durch die Zonierung und die flächenübergreifende Planung besser berücksichtigt werden, so auch hinsichtlich des Ruhebedürfnisses, der Nahrungsansprüche und des Wanderverhaltens des Rotwilds. Durch die effizientere Bejagung, abgestimmte Bewirtschaftung, Wildruhebereichte und die abgestimmte touristische Nutzung können Störungen für das Rotwild verringert werden. Insbesondere im Hauptverbreitungsgebiet kann auch die Winterruhe des Rotwilds besser berücksichtigt werden.